Donnerstag, 13. Januar 2011

Die Zeit scheint Fluegel zu haben

Hallo meine Lieben dort, wo jeder/ jede sich bestimmt gerade schoen warm eingekuschelt hat.
Ich wuensche Euch zu erst noch ein frohes, gesundes, Wuensche erfuellendes Jahr 2011, ein Jahr, das wieder vieles Neues mit sich bringen, viel Kraft und Muehe kosten, hundert schoene Momente uns schenken wird.
Es ist viel Zeit verstrichen, seitdem ich das letzte Mal von mir hab lesen lassen und sicher ist nicht nur bei mir viel passiert. Geburtstage, Weihnachten und Sylvester sind verstrichen, die ein oder andere Schoenheitslinie mit dem Altern hinzugekommen, das ein oder andere Pfuendchen hat fuer laengere Zeit seine Freundschaft verkuendet, der ein oder andere Kater blieb laenger als versprochen. Aber ich hoffe, ihr seid immer noch die Alten, die ich mir ersehne, in die Arme schliessen zu koennen.
Meine Zeit hier vergeht schneller als ich glauben wollte, jeden Tag lerne ich mich und Kamerun wieder etwas besser kennen und begreife, was hinter meinem Traum, Afrika haut nah zu erleben, eigentlich steckt. Und dann weiss ich wieder nichts und taumle umher, umgeben von einer Welt, die mir manchmal so nahe, manchmal so fern scheint.
So verstreichen ein Tag, eine Woche und nun mehr vier Monate und die Zeit scheint Fluegel zu haben.
Aber es geht mir gut und ich durfte viele schoene Momente erleben. Jeden einzelnen wuerde ich gerne teilen, doch bleibt mir nur zu hoffen, ihn niemals zu vergessen.

Meine Reise nach Dschang war wunderschoen und traurig zu gleich. Ich habe gesehen, wie verschieden doch das Leben in Stadt und Dorf ist, was es heissen kann, arm zu sein. Ich konnte helfen und geniessen zu gleich, Mami Water und meine ersten Wasserfall life sehen.
Ich habe dort nochmal ganz andere Eindruecke sammeln koennen, um das Leben hier in Kamerun besser zu verstehen.



Weihnachten war erwartungsgemaess anders und anders schoen. Ohne Kaelte ist es in der Tat schwer sich seine gewohnte Stimmung herbeizurufen, die Sonne haelt einem in ihrer luftige Kleidung Stimmung gefangen und nur die kuenstlichen Tannenbaeume erinnern ein daran, wie Weihnachten sonst ist.
Maria und ich waren abends zum Essen in Familie eingeladen und verbrachten den Tag mit Essensvorbereitungen, etwas entspannen und Geschenke einpacken. Und tatsaechlich war es der Abend mit dem gemeinsamen Essen und die Geschenkeuebergabe mit den leuchtenden Augen der Beschenkten, der bei einen ein wenig gewohnte Weihnachtsstimmung aufkommen liess.

Am Ende des Jahres ging es dann nach Kribi, ans Meer, in meinen ersten Urlaub, in ein anderes Kamerun als das bisherige. Es gab frische Luft, satte Farben, ein Meer, das man nicht mehr verlassen wollte, Kokusnuesse, gebratenen Fisch jeden Tag, keine Arbeit, gedankenlose Spaziergaenge, mehr les blances als waehrend meines ganzen Aufenthaltes hier, braun gelbe Erde, einen Horizont der kein Ende nahm.

Sylvester verbrachten wir in Kribi, am Strand, unter Palmen und afrikanischen Baeumen, auf einer privaten Feier, die man besser nicht haette planen koennen. Klaenge von Tam Tams und Saxophone, die sich mit einheimischen Gesaengen und Taenzen spielerrisch und beeindruckend vermischten. Offenes Feuer, frisch zu bereitetes Essen, Bier und afrikanischer Sangria. Ein unvergesslicher Abend.

Die Weiterreise nach Douala, besuchen einer deutschen Entwicklungshelferin, stundenlanger Austausch im Pool und bei mehreren Flaschen Wein ueber Eindruecke und Erfahrungen und festgesetzte Gedanken.
Dann die Verabschiedung von Maria, dem sich Bewusstwerden ueber das, was man hatte gemeinsam gesehen, erlebt und geschaffen, dem sich gegenseitig Entlassen in eine ungewisse, nicht gemeinsame Zukunft.
Dann die Reise nach Hause und der Rueckkehr in den Alltag.

Ich hoffe, ich konnte Euch ein wenig zeigen, wie meine letzten Wochen hier verstrichen sind und dass, Eure Sorgen nicht zu gross waren.
Leider laeuft es mit dem Internet gerade wirklich schlecht und mein Rechner weigert sich, mit mir zu arbeiten, aber ich denke nach wie vor sehr viel an Euch und versuche mich bald wieder zu melden.

PS 1. Linda, was sind schon Anrufe und Nachrichten wert, der Gedanke zaehlt und in Gedanken war ich bei dir. Alles Gute nachtraeglich.
PS 2. Meine lieben, am 28. Dezember Geborenen. Kein Jahr vergeht, ohne dass ich nicht gerne bei jedem von Euch waere. Ich hoffe, auch Euch hat das Aelterwerden Spass bereitet und das naechste Mal sind wir wieder beisammen.
PS 3. Amila, gross geworden magst du sein und sicher genauso schoen wie deine liebe Mama. Ich wuensche auch dir alles Liebe und Beste dieser Welt nachtraeglich zu deinem 1. Geburtstag.
PS 4. Susa, der Buschfunk funktioniert. Ich gratuliere meiner Kreuzwortraetselexpertin und wuensche dir eine tolle Zeit in Paris.

Ich hoffe, ich habe niemanden vergessen und wenn soll ihm, ihr dieser Abschiedskuss gewidmet sein. Bis ganz bald und danke fuer Eure lieben Nachrichten, die mich erreichen.

Dienstag, 14. Dezember 2010

eine kleine Reise

Morgen beginnen Maria und ich eine kleine 5- Tage- Reise in den Westen Kameruns, nach Dschang. Dort werden wir uns weitere Projekte von Fondation Kana anschauen, das Kleinstadtleben etwas kennenlernen und hoffentlich auch etwas entspannen. Morgen frueh geht es dann wohl mit dem Bus los und ich freue mich schon sehr, vor allem auf die Fahrt. Auf der Strecke sollen Flora und Fauna sich beeindruckend schnell wandeln, dass man von der Vielfalt Kameruns einen kleinen Eindruck erhaelt, dem Regenwald, der Savanne, dem Flachland, den Bergen.
Wie sehr wuerde ich mich ueber einen Fensterplatz freuen, einfach in die Ferne blicken, das Gruen geniessen, ohne viel nachzudenken, entspannen.
Ich freue mich auch auf all die Eindruecke, die Dschang fuer mich bereithaelt, ein schoener Kontrast zu meinem Grossstadtleben in Yaounde. Jetzt muss ich nur noch meine sieben Sachen packen, duschen, solange es noch Wasser gibt und mich dann nur noch in mein Bett kuscheln. Ich hoffe, es geht Euch allen gut und bitte macht Euch, falls Ihr es vorhabt, keine Sorgen. Alles ist bestens organisiert, ein Programm erstellt und liebe Leute dort, die auf uns warten.
Und als kleines Abschiedsgeschenk ein Photo meiner suessen Nuemi (die Tochter von Mama Nathalie). In Babysprache haben wir schon ausgemacht, dass sie mich begleiten wird. Mal schauen, was Mama dazu sagt. Lasst es Euch gut gehen. Ich bin in Gedanken bei Euch, nur schaffe ich es ueberhaupt nicht mehr, die Mails zu beantworten. Bis ganz bald
Sella

Sonntag, 12. Dezember 2010

Eine nette Abwechslung

Unvorstellbar scheint mir gerade, das bei Euch nun der Winter wirklich Einzug haelt und ganz bald wieder die Glocken vom Schlitten des Weihnachtsmanns und seinem Gefaehrten Rudolf ertoenen werden. Hier, wo gerade der Hochsommer begonnen hat, die Fruechte in Windeseile reifen und man nicht mehr als einen Hauch von Nichts tragen mag, kommt trotz der nett gemeineten aber stellenweise viel zu kitschigen Dekoration kaum Weihnachtstimmung auf, zumindest bei mir. Aber ich versuche mich daran zu erinnern, wie es damals war und erinnere mich an warm geheizte, mit Liebe geschmueckte Zimmer, dem Duft nach leckerem Essen und diese Heimlichkeiten. Ich wuensche Euch einfach eine tolle Zeit, einen tollen dritten Advent.
Ich denke an Euch

Sella

Adieu

Mittwoch war einer dieser Tage, die man lieber nicht erleben, aber doch durchleben muss.
Ich erwachte aus einem Streit, den ich im Traum mit Franzi gefuehrt hatte, einem Streit, wie ihn nur zwei Sturkoepfe fuehren koennen und ich waere so gerne wieder eingeschlafen, um den Streit zu beenden. Doch dann folgte ein Anruf von Sorel. Sie musste mir mitteilen, dass eines der Kinder, welches im Centre lebte,  seiner Krankheit erlegen war. Mit der Ungewissheit darueber, um welche Kind es sich drehte, kannte ich doch alle, nur nicht alle Namen, fuhr ich am Morgen durch die Stadt, schweigend, ohne Worte, die bunte Welt draussen ploetzlich ganz grau wahrnehmend. Als ich an kam, blickte ich in leere Gesichter von Mama Beatrice und Sorel, war doch jedes der Kinder fuer sie wie das eigene. Dann die Gewissheit, dass es keines meiner Kinder war, aber ein Kind, dem ich ueber Wochen hinweg die Hand geschuettelt habe und noch Tage zuvor in seiner trauten Umgebung hab feiern sehn (la journee des handicapees, 3. Dezember).
Man hatte eine Krankheit unterschaetzt, die der Junge, hager wie es das Auge kaum ertraegt, durchlebt hatte und all die Medikamente schlugen nicht mehr an. Eine sehr ernuchternde Bilanz fuer ein viel zu kurzes Lebens, was bereits durch viele Taeler gehen musste.
Unglaublicher wird dies doch noch in einem Rahmen einer Institution, die staatlich gefoerdert doch einen sicheren Rahmen schaffen sollte. Aber nein. Gezeichnet vom Desinteresse des Gros der Gesellschaft, Verschweigen durch die Regierung und fehlender stabiler Foerderung ringt auch eine grosse Einrichtung wie le centre um jeden CFA fuer die Handicapees.
Mag man deshalb aufgeben, nein, vielmehr genau deswegen weitermachen. Tage danach ist die Trauer dem Wunsch weiterzumachen gewichen, das Tal ueberwunden, der Aufstieg begonnen. Weitermachen faellt leichter, wenn man seinen Gefuehlen freien Lauf laesst, sie zu und vergehen laesst.

Le centre ade

Wenn ich jetzt mit ein paar Tagen Abstand an mein zweites Praktikum zurueckdenke, sehe ich vor allem diese suessen Kinder vor mir, die trotz ihres harten Schicksals kein Bisschen an Lebensfreude verloren haben, sich ueber jede kleine Aufmerksamkeit, jedes Bisschen Zeit so sehr freuen und einen mit ihrem Laecheln anstecken. Ich sehe aber auch, wie hart und ermuedend diese Arbeit fuer alle ist, besonders fuer die beiden Betreuerinnen Maman Beatrice und Sorel, die ohne Pause Tag eine, Tag aus fuer diese Kinder ihr Bestes tun. Oft ohne die noetige Anerkennung ihrer Arbeit, ohne die noetige Ausbildung und ohne jegliche Hilfsmittel, versuchen die zwei, den Kindern das Leben so leicht wie moeglich zu machen, um am Ende des Tages erschoepft ins Bett zu fallen. Mich beeindruckt vor allem ihre Kraft und Staerke, mit der sie alles meistern, ohne sich gross zu beschweren (am wen sollte die Beschwerde auch gehen). Deshalb moechte ich Euch gerne die beiden vorstellen, zwei starke Frauen, die ich waehrend ihrer Arbeit begleiten durfte.

Das ist Maman Beatrice, eine richtige Maman die mit viel Liebe und etwas Haerte das Beste fuer ihre Kinder versucht. Sie ist 55 Jahre alt und schon seit 5 Jahren in der Einrichtung. Maman uebernimmt viele von den koerperlichen Aufgaben, wickelt und fuettert die Kinder und bereitet zusammen mit Sorel das Essen fuer 16 Personen zu. Jeden Tag geht es dafuer auf den Markt und immer wieder geht dem vorweg das Bitten um die woechentliche Ration an Geld, an Geld, das viel zu schnell wieder verschwunden ist. Maman Beatrice, eine Frau, die die Zaehne zusammenbeissen kann und ihr Herz fuer alle offen haelt.

Das ist Sorel, die zweite Berteuerin der Abandonnes. Sie ist die linke Hand von Maman Beatrice und zusammen bilden sie ein gutes Team, das, entsprechend seines Koennens, die Aufgaben meistert. Auch lebt sie mit ihrer kleinen Tochter mit in der Einrichtung.
Sorel ist 24 Jahre alt und hat in meinen Augen schon viel mehr gesehen und erlebt, als es manchmal gut ist. Trotz allem ist sie eine tolle, taffe und huebsche Frau.



Am liebsten wuerde ich Euch jetzt die kleinen Sproesslinge der beiden zeigen, aber mein Verstand wehrt sich gegen das Veroeffentlichen dieser Bilder. So dass ihr Euch noch ein wenig gedulden muesst.
Mich haben die Kinder sehr schnell in ihr Herz geschlossen und manchmal, wenn ich morgens ihr Zimmer betrat, mich mit Freudenschreien begruesst. Mir fehlen sie schon sehr und wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum ich bereits zweimal dort zu Besuch war und es immer mal wieder tun werde, bis es wirklich heisst, Abschied zunehmen, vielleicht ertsmal, auf jeden Fall fuer lange Zeit.